[30.8.2019] Ein aktuelles Gutachten zur Digitalisierung der Energiewende schlägt eine so genannte Spitzenglättung für Verteilnetze vor. Worum geht es und welche Vorteile hat das Instrument?
Die fortschreitende Dezentralisierung des Energieversorgungssystems mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien, Speicher und sonstiger flexibler Verbrauchseinrichtungen oder Erzeuger stellt alle Akteure der Energiewirtschaft vor erhebliche Herausforderungen. Die neuen flexiblen Stromverbraucher wie Elektroautos, Heimspeicher oder elektrische Wärmepumpen bieten dabei die Chance, einen Gegenpol zu den volatilen erneuerbaren Erzeugern zu bilden und so die Stabilität des Stromsystems zu sichern. Sie bringen aber auch neue Herausforderungen für die Verteilernetze mit sich: Wenn etwa künftig nach Feierabend viele Elektroautos gleichzeitig laden wollen oder viele Verbraucher gleichzeitig auf Preissignale des Strommarkts reagieren, könnten die Netze an ihre Grenzen stoßen.
Flexibilität nutzbar machen
Wie neue Verbraucher sicher in die Verteilernetze integriert und ihre Flexibilität für das Energiesystem nutzbar gemacht werden kann, ist Gegenstand eines Gutachtens im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi), das jetzt veröffentlicht wurde. In dem Gutachten wird die Einführung des neuen Instruments der Spitzenglättung für die Verteilernetze vorgeschlagen. Im Kern würde dies bedeuten, dass die Netzanschlusskapazität in zwei Teile aufgeteilt würde: Ein Teil soll dem Verbraucher jederzeit uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Dieser Teil deckt die üblichen, klassischen Verbräuche ab. Bei einem zweiten Teil soll der Netzbetreiber zeitlich und im Umfang eng begrenzt die für flexible Einrichtungen verfügbare Entnahmeleistung einschränken können, wenn das Netz an seine Kapazitätsgrenzen kommt.
Vergünstigungen bei Netzentgelten
Nach Auffassung der Autoren des Gutachtens hat dies keine Nachteile für die Verbraucher, da nur die Stromentnahme für flexible Verbrauchseinrichtungen zeitlich etwas verlagert wird. Die Flexibilität könne für marktliche Zwecke weiterhin genutzt werden. Im Gegenzug sollen für die bedingte Netznutzung Vergünstigungen bei den Netzentgelten gewährt werden. Durch das Instrument der Spitzenglättung könnten Engpässe im Netz adressiert und der zusätzliche Netzausbau auf ein wirtschaftlich sinnvolles Maß begrenzt werden, heißt es im Gutachten. Zudem werde so der Marktzugang und die Wirtschaftlichkeit neuer, flexibler Stromanwendungen verbessert.
Hintergrund: Das Gutachten ist Teil des auf fünf Jahre angelegten BMWi-Projekts „Digitalisierung der Energiewende: Barometer und Topthemen“, welches die Unternehmen Ernst & Young, BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung und WIK-Consult im Auftrag des BMWi durchführen.
(al)
Gutachten Digitalisierung der Energiewende – TK-Netzinfrastruktur und TK- Regulierung (PDF, 5 MB) (Deep Link)
Stichwörter:
Smart Grid,
Netze,
BET,
Bildquelle: man64/123RF.COM