[29.6.2020] Eine Studie von Netze BW und der RWTH Aachen legt eine Änderung des regulatorischen Rahmens für die Lade-Infrastruktur nahe.
Netzdienliches Last-Management erleichtert die Integration privater Lade-Infrastruktur in die bestehenden Ortsnetze. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Netze BW und der RWTH Aachen, die im Zuge eines flächendeckenden Ausbaus der E-Mobilität ein enormes Potenzial bei Netze BW sieht. Praxistaugliche Lösungen dafür entwickelt der größte Verteilnetzbetreiber Baden-Württembergs bereits in einer Reihe von Feldtests. Mit einer Deckelung der Ladeleistung in privaten Haushalten auf 5,5 Kilowatt während der vier kritischen Stunden ab 19 Uhr ließen sich laut der Studie künftige Lastspitzen entscheidend glätten, berichtet Netze BW. Im Schnitt könnten dadurch pro Stromkreis 10 bis 20 zusätzliche E-Fahrzeuge angeschlossen werden. Für den Technischen Geschäftsführer von Netze BW, Martin Konermann, „ein einfaches, aber wirksames Konzept, Laden zu ermöglichen ohne dass das Stromnetz überlastet wird“. In über drei Viertel der Ortsnetze sollte damit selbst bei starkem Hochlauf der privaten Lade-Infrastruktur eine aufwendige Verstärkung zumindest mittelfristig vermeidbar sein. Zudem ließe sich mit einem zusätzlichen, intelligenten Last-Management der bedarfsgerechte Netzausbau in besonders stark belasteten Strängen noch effizienter gestalten.
Die Studie legt laut Konermann deshalb nahe, dass die künftige Ausgestaltung des §14a EnWG perspektivisch eine verpflichtende Steuerung privater Lade-Infrastruktur durch den Netzbetreiber vorsieht. Erfahrungsgemäß seien viele E-Mobilisten zu netzdienlichem Laden bereit. Für andere, die sich auf Spitzenglättung nicht einlassen wollen und mehr gesicherte Leistung brauchen, müssten dann abweichende Regelungen gefunden werden. Im Mittelpunkt der Untersuchung des Instituts für Elektrische Anlagen und Netze, Digitalisierung und Energiewirtschaft (IAEW) der RWTH Aachen stand der für Verteilnetzbetreiber am wenigsten planbare Bereich der privaten Haushalte. Um den Bedarf in den maximal 100.000 infrage kommenden Ortsnetzsträngen abzuschätzen, wählte Netze BW 50 aus, die als repräsentativ für die meisten denkbaren Konstellationen gelten. Angenommen wurde ein Ausbau bis zu je einer elf kW Wallbox und einem Elektromobil pro Hausanschluss. Gestützt auf Untersuchungen zur Mobilität in Deutschland geht die Studie beim Ladeverhalten von einer natürlichen Gleichzeitigkeit aus. Sollte es marktgetrieben jedoch künstlich zu gleichzeitigem Laden kommen, wäre viel früher ein deutlich umfangreicherer Netzausbau nötig. An den technischen Lösungen arbeitet die EnBW-Tochter in ihren NETZlaboren, wie dem E-Mobility-Carré in Tamm im Kreis Ludwigsburg oder dem in mehreren Kommunen vorgesehenen intelligenten Heimladen. Das erste NETZlabor, die E-Mobility-Allee in Ostfildern nahe Stuttgart, hat sogar international Beachtung gefunden.
(ur)
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