[26.9.2018] Störungen im Stromnetz, die zum Blackout führen können, werden bislang mittels präventiver Maßnahmen behoben. Künftig sollen Leitwarten mit Autopilot-Funktionalität das Netz selbstständig regeln und stabil halten.
Mit zunehmender Anzahl dezentraler Stromerzeugungsanlagen bei gleichzeitig reduzierter konventioneller Kraftwerksleistung nimmt die Störanfälligkeit des elektrischen Energieversorgungssystems zu. Auch das Zeitfenster, das bleibt, um auf kritische Störungen zu reagieren, wird dadurch immer kleiner. Deshalb arbeitet die Industrie daran, die Steuerungs- und Regelungstechniken für die Leitwarten, die das Netz überwachen und aus der Ferne steuern, zu verbessern.
Siemens beispielsweise erforschte im jetzt abgeschlossenen Projekt DynaGridCenter wie man dynamische Vorgänge, ausgelöst durch die ungleichmäßige Lastverteilung im Stromnetz, sichtbar macht und gezielt darauf reagiert. In dem Projekt, das vor drei Jahren startete, wurden Assistenzsysteme für das Übertragungsnetz entwickelt. Sie sollen einerseits das System möglichst selbsttätig regeln und andererseits den Operator der Netzleitwarte dabei unterstützen, auf verifizierte dynamische Netzzustände gezielt zu reagieren.
Autopilot-Funktionalität im Netz
Rainer Krebs, von der Siemens-Division Energy Management, erläutert: „Wir brauchen in Zukunft Leitwarten, die das hochdynamische Stromnetz mit einer Autopilot-Funktionalität selbstständig regeln und stabil halten. Die dynamische Leitwarte ist ein unabdingbarer Bestandteil für eine erfolgreiche Energiewende. Sie beherrscht die zunehmende Netzdynamik, hält die Netzstabilität aufrecht und gibt konkrete Handlungsempfehlungen, um Ausfällen vorzubeugen.“
Um das Netz zu beobachten, nutzten die Wissenschaftler eine Labor-Netzleitwarte, die an der Technischen Universität Ilmenau steht, und koppelten sie an ein simuliertes Stromnetz, das die Universität Magdeburg betreibt. So genannte Phasor Measurement Units (PMUs) übermitteln alle 20 Millisekunden die Höhe und den Phasenwinkel von Strom und Spannung und ergänzen damit die bisher im Sekundenbereich übermittelten Messwerte um eine hochdynamische Komponente. Die PMU-Messdaten sind zeitlich synchronisiert und können so direkt miteinander verglichen werden. So werden unerwünschte Schwingungen und transiente Übergangsvorgänge im Netz sichtbar.
Re-Dispatch-Kosten sparen
Siemens-Manager Krebs sagt: „Bisher können diese gefährlichen, dynamischen Vorgänge im Netz, die zum Blackout führen können, nur mittels so genannter präventiver Maßnahmen vermieden werden.“ Dafür greifen die Netzbetreiber in die Fahrpläne von Kraftwerken ein, um drohende Engpässe zu verhindern. Dieser so genannte Re-dispatch verursacht Kosten von bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr. Einfacher und vor allem günstiger ist es nach den Worten von Krebs, die Leitungen optimal auszulasten und nur bei Überlastung kurativ einzugreifen. Dies ermöglichten die neuen Monitoring- und Steuerungsprogramme, da sie die gefährlichen Situationen, die bei Überlast entstehen, sichtbar machen und viel schneller als menschliches Personal die notwendigen Gegenmaßnahmen einleiten könnten.
(al)
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Bildquelle: Siemens AG