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Montag, 6. Mai 2024

Infrastruktur:
Internet der Energie


[28.5.2013] Glasfasernetze werden für moderne Stadtwerke immer mehr zu einem essenziellen Bestandteil der Infrastruktur. Denn sie ermöglichen den Aufbau eines lokalen Internet der Energie, über das energierelevante Daten sicher transportiert werden können.

Glasfasernetze werden für moderne Stadtwerke immer mehr zu einem essenziellen Bestandteil der Infrastruktur. Stadtwerke sind seit mehr als 100 Jahren ein Garant dafür, dass die Bürger der jeweiligen Region sicher mit Strom, Gas und Wasser versorgt werden. In der neuen digitalen Zeit entwickelt sich bei den Bürgern allerdings ein weiteres Grundbedürfnis: das nach einer sicheren, performanten IKT-Infrastruktur. Parallel wachsen aber auch die Herausforderungen an die Stadtwerke, die vorhandene Infrastruktur fit für die Zukunft zu machen. Die Frage nach möglichen Synergien liegt dabei auf der Hand.

Drei Datenquellen

Im November 2012 schrieb die Tageszeitung Die Welt: „Die Menge der anfallenden personenbezogenen Daten wird exorbitant zunehmen. Die Frage nach der Wahrung der Privatsphäre wird somit für die Kundenakzeptanz intelligenter Stromzähler und moderner Versorgungsnetze zu einem Schlüsselkriterium.“ Besser kann das Problem nicht beschrieben werden. Es stellen sich zwei wesentliche Fragen: Woher kommen die Daten und wie kann die Privatsphäre maximal geschützt werden? Nach heutigem Stand existieren zwei wesentliche Datenquellen: zum einen das Internet mit einer stetigen Zunahme des jährlichen Datenvolumens von rund 35 Prozent, zum anderen der Aufbau des Smart Grid. Eine dritte, ebenfalls nicht unwesentliche Quelle, ist noch nicht in den Fokus der Betrachtung gerückt.
Der Aufbau eines intelligenten Versorgungsnetzes ist im Wesentlichen ein Datentransport-Thema. Was genau wird an Informationen aus den Strom-, Gas- und Wärmenetzen in welcher Granularität und zu welcher Zeit benötigt? Die deutschen Stromnetze sind bis auf die 110-Kilovolt-Ebene über so genannte Scada-Systeme fernsteuerbar, unterhalb dieser Ebene herrscht informationstechnisch Dunkelheit. Es gibt kaum einen Verteilnetzbetreiber, der seine Trafostationen an eine Leittechnik angebunden hat.
Experten gehen allerdings davon aus, dass von den 550.000 Ortsnetzstationen mindestens die Hälfte mit smarter Technik ausgestattet sein müssen, um die Anforderungen, die sich aus den intelligenten Netzen ergeben, erfüllen zu können, nämlich die Echtzeitvernetzung aller Systemkomponenten. Dies bedeutet den Abgleich der Erzeugungsmengen mit dem Verbrauch sowie mit den Strommengen, die transportiert werden und denjenigen, die gespeichert sind oder gespeichert werden können.
Die klassischen Systeme zur Datenübertragung wie GSM, Internet und Powerline sind nicht unbedingt bekannt für ihre sichere Echtzeitfähigkeit. Eigene Datennetze ermöglichen dagegen den Aufbau eines lokalen Internet der Energie, das ohne Verbindung zu einem öffentlichen Netz per se einen größtmöglichen Schutz vor Hackern bietet. Über ein solches lokales Netz ist es dann auch möglich, Zählerstände zu transportieren, wenn sie vom Haus in der Trafostation angekommen sind.
Die dritte, weniger beachtete Datenquelle sind die „Altersgerechten Assistenzsysteme für ein gesundes und unabhängiges Leben“, kurz AAL. Diese erlauben es älteren Menschen, möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben. Dazu werden die Wohnungen mit einer Sensorik ausgerüstet, über die im Notfall entweder die Nachbarschaft oder Hilfsdienste alarmiert werden. Auch hier sollte kein Kompromiss im Hinblick auf Datensicherheit und Übertragungsgeschwindigkeit eingegangen werden.

Flächendeckend FTTH

Wie würde nun ein solches Netz aussehen, würde es heute unabhängig von den Kosten auf der grünen Wiese aufgebaut? Zunächst müsste es drei Prämissen erfüllen:
• eine schnelle IKT für die Bürger,
• eine sichere, möglichst echtzeitfähige Datenverbindung zu den Haushalten,
• die sichere Übertragung energierelevanter Daten.
Mittels eines flächendeckenden FTTH-Ausbaus können all diese Anforderungen erfüllt werden. Werden Einfamilienhäuser über ein vierfaseriges Mikrokabel angeschlossen, so kann eine Faser für die Versorgung mit Telefon, Internet und Fernsehen genutzt werden. Von den drei verbliebenen Fasern wird eine für den Aufbau eines lokalen Enernet – Internet der Energie benutzt, zwei verbleiben als Reserve. Da Stadtwerke immer in ihre Infrastruktur investieren, sei es in Hauptleitungen oder Hausanschlüsse, kann über ein organisches Wachstum im Laufe der Zeit ein flächendeckender Ausbau realisiert werden, wenn bei allen Baumaßnahmen konsequent eine Leerrohrmitverlegung erfolgt. Dadurch lassen sich Synergieeffekte nutzen, die einen deutlich positiven betriebswirtschaftlichen Effekt bedeuten.

Bürgermarktplatz für Strom

Im Fall der Stadtwerke Saarlouis sieht die Planung vor, die Trafostationen als Kopfstationen zu nutzen. In ihnen wird die notwendige Hardware für den Betrieb eines Glasfasernetzes untergebracht. Von den Trafostationen aus erfolgen dann der Anschluss der einzelnen Häuser und der Aufbau des FTTH-Netzes. Über diese Infrastruktur ist es heute schon möglich, ein Enernet aufzubauen, in dem die Daten in einem abgeschlossenen System sicher sind. Die Stadtwerke treten als vertrauter Partner auf, der eine Datenplattform betreibt. Damit ist die Steuerung von Erzeugung und Verbrauch im Sinne eines stabilen Netzes möglich. Über die Datenplattform können Verbraucher Bürgermarktplätze einrichten, auf denen lokal erzeugter Strom angeboten wird, der dann auch lokal verbraucht wird.
Ein solcher Bürgermarktplatz wird zum Beispiel im Rahmen des Projekts PeerEnergyCloud von einem Konsortium, bestehend aus den Firmen Seeburger und AGT Group, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und den Stadtwerken Saarlouis, aufgebaut und auf seine Praxistauglichkeit getestet. Neben dieser Anwendung ist auch der Aufbau einer Plattform für AAL-Dienste denkbar, die auf die gleiche Infrastruktur zugreift. Dabei stellen die Stadtwerke eine Datenplattform zur Verfügung, auf der Diensteanbieter, wie beispielsweise securitas oder Rotes Kreuz, vertreten sind. Kunden können diesen Anbietern dann etwa erlauben, im Fall von Urlaub auf ihr Haus aufzupassen oder auf die Gesundheit der im Haus lebenden Senioren zu achten.

Fazit

Glasfasernetze sind ein integraler Bestandteil eines modernen Stadtwerks, da die Menge an Daten zur Steuerung von Smart Grids stark zunehmen wird. Auch die Anforderungen an einen sicheren, bidirektionalen Datenaustausch werden steigen. Der Aufbau neuer Geschäftsfelder, wie Telekommunikation oder die Positionierung als Plattformbetreiber, ist nur auf Basis einer performanten Infrastruktur möglich. Damit bietet sich Stadtwerken eine Chance, die heutige Ertragssituation abzusichern.

Dr. Ralf Levacher ist seit 1997 technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Saarlouis.

Weitere Informationen zum Projekt PeerEnergyCloud (Deep Link)
Dieser Beitrag ist in der Mai-Ausgabe von stadt+werk erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Informationstechnik, Stadtwerke Saarlouis, Smart Grid, Breitband, Glasfaser, PeerEnergyCloud

Bildquelle: Stadtwerke München

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