Dienstag, 30. April 2024

Mini-BHKW:
Neuer Markt für Stadtwerke


[7.10.2013] Mini- und Mikro-Blockheizkraftwerke haben Zukunft. Sie sind wichtiger Bestandteil einer Energieversorgung, die auf Dezentralität und Nachhaltigkeit basiert. Stadtwerke sollten sich diesen wachsenden Markt erschließen, benötigen dafür aber verlässliche Partner.

Mini- und Mikro-Blockheizkraftwerke sind ein wachsender Markt, dem sich Stadtwerke nicht verschließen sollten. Wärme ist eine Schlüsselenergie für das Gelingen der Energiewende in Deutschland. Sie macht mehr als die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs aus und ist für über 40 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich. Wenn die Bundesregierung ihre Klimaziele erreichen will, spielt die Wärmeversorgung dabei eine zentrale Rolle. Stadtwerke sind gut beraten, wenn sie diese Überlegung in ihrer Unternehmensstrategie berücksichtigen. Das gilt umso mehr, da 68 Prozent des gesamten Raumwärmebedarfs auf private Haushalte entfallen. Und es sind die privaten Haushalte und Gewerbetreibenden, die als Betreiber von Mini-Blockheizkraftwerken (BHKW) in Betracht kommen.
Um den Wärmebedarf, den Primärenergieverbrauch und den CO2-Ausstoß zu senken, kommen der Dämmung und der energetischen Sanierung von Altbauten eine besondere Bedeutung zu. Doch das allein wird nicht ausreichen. Immer mehr Immobilienbesitzer steigen auf neue Energieträger und -erzeugungsanlagen um. Bei Neubauten sind die Bauherren durch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) dazu verpflichtet, einen Teil ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen oder über Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zu decken. Da kommt die Chance, mithilfe von Mini- oder Mikro-BHKW selbst zum Strom- und Wärmeproduzenten für das eigene Haus oder den eigenen Gewerbebetrieb zu werden, gerade recht. Eine solche Lösung kann, richtig dimensioniert, den Primärenergieverbrauch und den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren. Stadtwerke können gleichzeitig ihren Gasabsatz um bis zu 20 Prozent steigern, weil der Brennstoff neben der Wärmeproduktion auch zur Stromerzeugung benötigt wird.
Vor dem Hintergrund der Energiewende gerät auch die Gaswirtschaft immer stärker unter Druck. Während Ölheizungen schon seit längerem auf dem Rückzug sind, kommen Gaskessel bei Neubauten nur noch in 52 Prozent der Fälle zum Einsatz – Tendenz sinkend. Stattdessen sind erneuerbare Energieträger auf dem Vormarsch. Das Bundesumweltministerium rechnet damit, dass im Jahr 2050 direkt gasbefeuerte Heizungen für die Wärme- und Warmwassererzeugung nahezu bedeutungslos sein und nur noch sechs Prozent des Niveaus von 2010 erreichen werden. Für viele kommunale Versorger ist der erdgasbasierte Wärmemarkt heute noch das profitabelste Geschäftsfeld. Der verstärkte Wettbewerb auf dem Gasmarkt verleiht dieser Entwicklung zusätzliche Dramatik. Der Zugang zum Erdgasnetz ist seit der EnWG-Novelle 2011 erheblich einfacher. Kunden haben mancherorts die Wahl zwischen mehreren Dutzend Anbietern und sie machen von den neuen Wechselmöglichkeiten Gebrauch.

Stadtwerke als Dienstleister

Mini- und Mikro-BHKW stellen für Stadtwerke in diesem schwierigen Umfeld ein neues Geschäftsmodell dar, das zukunfts- und wettbewerbstauglich ist. Um damit erfolgreich zu sein, müssen sie allerdings mehr als ein Energielieferant sein. Sie müssen zum Dienstleister werden. Es wird nicht ausreichen, nur das Gas für den Betrieb der Mini-BHKW zu liefern. Gefragt sind Dienstleistungs- und Contracting-Modelle, welche die Kunden dauerhaft an die Stadtwerke binden. Gefragt sind guter Service und Problemlösungskompetenz. Gefragt sind Geschäftsmodelle, bei denen Stadtwerke ihre Kunden von Anfang an begleiten. Dazu gehört die Prüfung, ob Mini-BHKW unter den konkreten Bedingungen der jeweiligen Gebäude technisch und wirtschaftlich sinnvoll sind und welche Geräte in welcher Dimensionierung zum Einsatz kommen sollten.
Stadtwerke sollten die Förderbedingungen kennen und über ein Netz örtlicher Handwerker verfügen, welche die Anlagen kompetent und zuverlässig einbauen, warten und bei Bedarf ohne Komplikationen reparieren können. Sie sollten den Brennstoff zur Verfügung stellen und regelmäßige Auswertungen zu Wirtschaftlichkeit oder zum Schadstoffausstoß für die Kunden durchführen können, als Benchmark auch im Vergleich zu anderen Systemen. Stadtwerke, denen das gelingt, werden Einbrüche bei der Kundenentwicklung, bei Absatz, Umsatz und Gewinn reduzieren können. Zudem weist die Kraft-Wärme-Kopplung eine sehr gute CO2-Bilanz auf. Durch den Einsatz von Mini- und Mikro-BHKW festigen kommunale Versorger ihre Rolle als Vorreiter der Energiewende und erschließen weitere Potenziale, etwa durch die Vernetzung der Anlagen zu virtuellen Kraftwerken.
Der Markt für Mini- und Mikro-BHKW entwickelt sich expansiv. Im Bereich bis zu drei Kilowatt elektrischer Leistung sind bereits mehr als 30 verschiedene Geräte erhältlich. Die Stiftung Warentest hat zwei von ihnen getestet und nicht nur als störungsfrei, sondern auch als sehr energieeffizient beurteilt (test Ausgabe 5/2012). Auch in Sachen Wirtschaftlichkeit schnitten die Anlagen im Vergleich mit anderen Systemen hervorragend ab (test Ausgabe 6/2012). Die Nachfrage nach den kleinen Energiepaketen steigt, die Stückkosten in der Produktion sinken. Und auch die Verbrauchskosten machen Mini-BHKW attraktiv: Die Gaspreise blieben in jüngster Zeit weitgehend stabil, während die Kosten für Holzpellets oder Strom deutlich gestiegen sind – eine Entwicklung, die kleine Blockheizkraftwerke auch unter dem Aspekt der eigenen Stromproduktion für Privat- und Gewerbekunden attraktiver werden lässt.

Zuverlässige Partner

Stadtwerke, die sich diesen viel versprechenden Markt erschließen wollen, verfügen oft nicht über das nötige Know-how. Schon die Entwicklung der richtigen Geschäftsmodelle ist ein komplexes Unterfangen. Contracting ist für den Kunden bequem und für den Versorger angesichts der langen Bindungsfristen attraktiv. Es kann aber zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen, weil auf den an den Kunden gelieferten Strom die EEG-Umlage fällig wird. Kauf- und Pachtmodelle haben an dieser Stelle Vorteile, garantieren aber nicht die erwünschte langjährige Kundentreue. Hier sind zusätzliche Dienstleistungspakete unumgänglich, die Versorger und Kunde über den gesamten Lebenszyklus der Anlage aneinander binden. Hierbei und bei allen anderen Fragen rund um Markteinführung, Technik, Wirtschaftlichkeit, gesetzliche oder vertragliche Rahmenbedingungen helfen Zusammenschlüsse wie die heimkraft weiter: In der ARGE heimkraft haben Stadtwerke aus allen Teilen der Bundesrepublik ihr Know-how partnerschaftlich gebündelt. Sprachrohr der ARGE ist die heimkraft GmbH, die als eigene Rechtspersönlichkeit das Netzwerk gegenüber Herstellern und Dienstleistern vertritt.
Es ist gerade für Stadtwerke an der Zeit, sich offensiv dem neuen, zukunftsträchtigen Markt der Mini- und Mikro-BHKW zu stellen. Gut vernetzt bleiben die Risiken gering und die Erfolgschancen sind hoch.

Ralf Schürmann ist seit 2009 Geschäftsführer der Stadtwerke Peine. Er gehört zu den Initiatoren der ARGE heimkraft und ist einer von zwei Geschäftsführern der neu gegründeten heimkraft GmbH.

http://www.stadtwerke-peine.de
Dieser Beitrag ist in der September-Ausgabe von stadt+werk im Schwerpunkt Kraft-Wärme-Kopplung erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren. (Deep Link)

Stichwörter: Kraft-Wärme-Kopplung, energetische Sanierung, Energieeffizienz

Bildquelle: MEV Verlag / PEAK

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