[28.7.2016] Forscher der Universität Hohenheim simulieren den Kampf von Energieversorgungsunternehmen um Vertriebsmargen. Die Regionalität schafft hier eindeutig Wettbewerbsvorteile.
Stadtwerke haben durch ihre Regionalität entscheidende Vorteile bei den Kunden und können auf dieser Basis neue und zukunftsträchtige Geschäftsmodelle entwickeln. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Hohenheim. Wie diese mitteilt, haben Forscher gemeinsam mit Kollegen der TU Berlin Haushalts- und Industriekunden zu ihren Motiven befragt und aus den gewonnenen Daten ein computergestütztes Simulationsmodell entwickelt. Die Simulationen zeigen: Einem regionalen Stromlieferanten nehmen die Kunden auch etwas höhere Preise nicht übel. So gebe es Dienstleister wie Zahnarzt und Friseur, denen die Menschen lieber treu blieben. Hierzu zähle auch der Stromanbieter. Wenn Kunden überhaupt wechseln, dann bevorzugten sie regionale Anbieter. Das sei aus Sicht von Volkswirten kein optimales Verhalten, weshalb die üblichen volkswirtschaftlichen Modelle nicht ausreichten, um dieses Verhalten abzubilden. Deshalb sind Professor Andreas Pyka und sein Doktorand Malcolm Yadack dabei, ein neues Modell zu programmieren. Yadack sagt: „Uns interessiert, welche Motive für die Wahl des Stromanbieters ausschlaggebend sind – und welche Rolle die Regionalität dabei spielt. Mit den Modellen wollen wir herausfinden, ob das den Stadtwerken neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet und wie es sich auf die gesamte Volkswirtschaft und auf die Energiewende auswirkt.“ Zunächst nahmen sich die Forscher den Motiven der Haushaltskunden an. Die Befragung von 4.500 Kunden ergab, dass ihnen das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Versorgungssicherheit wichtig sind. Ebenfalls von Bedeutung sei der Strom-Mix, wobei vor allem bei sehr jungen und älteren Bürgern eine deutliche Präferenz für Grünstrom zu erkennen sei. Als weiteres entscheidendes Motiv habe sich die Regionalität, die Marke Stadtwerke erwiesen.
Mit diesen Daten haben die Forscher ein Simulationstool entwickelt, mit dem Stadtwerke Geschäftsmodelle unter verschiedenen Rahmenbedingungen testen können. So können die Unternehmen im Modell durchspielen, was mit den Vertriebsmargen geschieht, wenn sie Kunden vor Ort betreuen oder in periphere Räume gehen. Ein wesentliches Ergebnis der Studie aber ist, dass die Zahlungsbereitschaft der Kunden bei regionalen Firmen steigt. „Eigentlich sollte die Liberalisierung niedrigere Preise bewirken, aber der Effekt der Regionalität wirkt dagegen“, erläutert Yadack. Außerdem unterstreicht der Forscher, dass die regionalen Präferenzen auch Auswirkungen auf politische Entscheidungen hätten. So fördere zum Beispiel das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) regionale Energieprojekte und ein Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern besage, dass ortsansässige Projektträger bevorzugt werden. Neue Möglichkeiten sehen die Forscher auch bei den Industriekunden. Hier schätzen sie die Stromlastflexibilisierungspotenziale auf vier bis neun Gigawatt. Eine Umfrage unter Firmen in Baden-Württemberg habe etwa 40 Prozesse ergeben, die sich für eine Flexibilisierung eignen würden. Für das Eingreifen der Energiefirmen in die Produktionsabläufe der Unternehmen fehle jedoch noch das Vertrauen. Das verschaffe wiederum den Stadtwerken Vorteile, da man diesen wesentlich mehr Vertrauen entgegenbringe. Das Projekt der Universität Hohenheim wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit mehr als 190.000 Euro gefördert.
(me)
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